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Kribbeln im Arm - ein Gefühl wie Ameisenlaufen

Prickeln und Kraftlosigkeit in den oberen Extremitäten als deutliche Indikatoren

Veröffentlicht am 26. Mai 2013

Zur Manifestation eines Bandscheibenvorfalls im Abschnitt der zervikalen Wirbelsäule

Verfasst von Chefarzt Dr. (PY) Peter Douglas Klassen
Experte für Wirbelsäulenchirurgie und Neurotraumatologie

Der Nackenbereich des Menschen setzt sich aus einer Vielzahl unterschiedlicher anatomischer Gebilde zusammen, namentlich Muskelgewebe, Knochenstrukturen, Bändern und Gelenken. Sämtliche dieser Bestandteile verfügen über neuronale Endigungen, die einander umfassend vernetzen. Die Halswirbelsäule (HWS) ist aus insgesamt fünf zervikalen Wirbelkörpern und zwei obersten, spezialisierten Wirbeln, dem Atlas sowie dem Axis, zusammengesetzt.

Das intervertebrale Gewebe, allgemein als Bandscheibe bezeichnet, schafft eine essentielle Verbindung zwischen den jeweiligen Wirbelkörpern und ermöglicht dadurch die notwendige Flexibilität der Wirbelsäule. Die Bandscheibe an sich ist durch einen gelatinösen, weichen Kern charakterisiert, umgeben von einer widerstandsfähigen äußeren Umhüllung. Sie erfährt kein tatsächliches "Fallen", wie es der Begrifflichkeit "Vorfall" etymologisch nahelegen könnte, sondern erleidet vielmehr eine Ruptur oder zeigt eine Zunahme ihrer Porosität. Die im Inneren enthaltene gelatinöse Flüssigkeit tritt sodann aus dem Kern hervor und übt dabei Druck auf die umliegenden Nervenstrukturen aus.

Schmerzempfindungen im Nackenbereich, die zudem in die Arme ausstrahlen, gelten typischerweise als Indikatoren für eine Kompression der Nervenwurzeln. Ein Gefühl der Taubheit oder des Prickelns, vor allem aber eine feststellbare Kraftminderung in den Armen und der Schulterregion, sind als spezifische Begleiterscheinungen zu bewerten. Diese Anzeichen geben deutliche Hinweise auf eine Bandscheibenherniation. Sobald eine relevante Kraftminderung in den oberen Extremitäten spürbar wird, ist es von größter Wichtigkeit, unverzüglich einen Arzt zu konsultieren.

Der erste, essenzielle Schritt umfasst eine detaillierte, umfassende und organfokussierte Untersuchung des Nackens sowie des gesamten menschlichen Organismus. Anschließend überprüft der behandelnde Arzt die Flexibilität des Nackenbereichs und evaluiert dabei den vollständigen Bewegungsradius. Sollte sich die Vermutung eines Bandscheibenvorfalls erhärten, so untermauern bildgebende Diagnostikmethoden, darunter Röntgenaufnahmen und die Magnetresonanztomographie (MRT), zusätzlich die anfängliche Annahme.

Im Anschluss an die umfassende Auswertung aller vorliegenden Befunde werden die bevorstehenden therapeutischen Maßnahmen im direkten Dialog zwischen dem Arzt und dem Patienten besprochen. Prinzipiell wird eine Unterscheidung getroffen zwischen der konservativen Behandlungsmethode, den invasiven Interventionen und dem chirurgischen Eingriff. Im Kontext der konservativen Therapie wird mittels Analgetika, gezieltem Muskelaufbau, Entspannungsübungen und bei Bedarf auch Akupunktur versucht, eine Entspannung der Nackenmuskulatur zu bewirken. Darüber hinaus findet eine Versorgung eventuell bereits entstandener Muskellähmungen statt. Das angestrebte Ziel dieser Herangehensweise ist es, dem Organismus hinreichend Zeit zu gewähren, in der sich der Bandscheibenvorfall idealerweise eigenständig reduziert und eine Anpassung an die Nervenwurzel vollzieht.

Im Spektrum der invasiven Methoden sind oberflächliche Injektionsbehandlungen (sogenannte Quaddeln) sowie präzise Infiltrationen der Nervenwurzel unter computertomographischer Steuerung zu nennen. Diese gezielte Behandlung wird als Periradikuläre Therapie (PRT) klassifiziert. Potenzielle Risiken einer übermäßig ausgedehnten konservativen Behandlung sind die Chronifizierung der Schmerzproblematik oder eine Beschädigung des Rückenmarks.

Sollten die Beschwerden nach einer Periode von circa vier bis sechs Wochen weiterhin bestehen bleiben, ist es ratsam, einen chirurgischen Eingriff in Erwägung zu ziehen. Im Kontext operativer Behandlungen ist es von oberster Priorität, das Vorgehen so schonend wie irgend möglich zu gestalten. Liegen ausschließlich Bandscheibenvorfälle ohne begleitende degenerative Veränderungen der Wirbelkörper, wie knöcherne Sporne, Stenosen oder Arthrose, vor, so kann der Einbau einer künstlichen Bandscheibe in Betracht gezogen werden. Sollte hingegen der degenerative Prozess bereits ein weit fortgeschrittenes Stadium erreicht haben, ist eine Stabilisierung des betroffenen Segmentes unter Einsatz von Spacern aus Titan oder speziellem Kunststoff erforderlich.

Bezug: Beitrag in der Zeitung "El Kurier" vom 25. Mai 2014