Privatinsolvenz - Ist Kindesunterhalt pfändbar?
Das Wichtigste zur Pfändung von Unterhaltsleistungen
Zuerst benötigen Sie einen sogenannten Unterhaltstitel, um Ihren Unterhalt im Rahmen der Zwangsvollstreckung durchzusetzen. Diesen bekommen Sie zum Beispiel, wenn Sie erfolgreich vor Gericht auf Unterhaltszahlung klagen. Alternativ können Sie eine entsprechende Jugendamtsurkunde vom Jugendamt erhalten. Anschließend beantragen Sie beim Vollstreckungsgericht einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss für die Lohnpfändung.
Wenn der Unterhaltsberechtigte den ihm zustehenden Unterhalt pfänden lässt, wird der Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen individuell bestimmt. Bei der Unterhaltspfändung gelten die Pfändungsfreigrenzen aus der gesetzlichen Pfändungstabelle nicht.
Alte Unterhaltsschulden, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind, müssen die Berechtigten beim Insolvenzverwalter anmelden. Hier ist die Zwangsvollstreckung also ausgeschlossen. Neue Unterhaltsschulden, die nach der Insolvenzeröffnung entstehen, können die Unterhaltsgläubiger mithilfe der Zwangsvollstreckung eintreiben. Gemäß § 89 Abs. 2 InsO dürfen sie sogar eigentlich unpfändbares Einkommen pfänden.
Empfängt ein Schuldner Kindesunterhalt für sein Kind, so ist dieser, wie auch das Kindergeld, unpfändbar, da beide Leistungen nicht ihm, sondern dem Kind zustehen.
Weitere Ratgeber zur Unterhaltspfändung
Lohnpfändung wegen KindesunterhaltWann ist Unterhaltsvorschuss pfändbar?
Ist Unterhalt überhaupt pfändbar?
Bei der Frage, ob eine Pfändung von Unterhalt möglich ist, sind zwei unterschiedliche Fallkonstellationen zu betrachten:
- Jemand ist gesetzlich zu Unterhaltszahlungen verpflichtet, zum Beispiel gegenüber seinem Kind oder seinem ehemaligen Ehepartner. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, kann der Unterhaltsberechtigte die Unterhaltsrückstände im Rahmen einer Unterhaltspfändung durchsetzen, indem er beispielsweise dessen Gehalt pfänden lässt.
- Ein Unterhaltsberechtigter hat selbst Schulden und muss daher befürchten, dass der Unterhalt von seinem Konto gepfändet wird. Er kann zum Beispiel eine Pfändung von Kindesunterhalt vermeiden, indem er zunächst sein Girokonto in ein Pfändungsschutzkonto umwandeln lässt. Dadurch schützt er im ersten Schritt den Grundfreibetrag. Weitergehende Beträge wie der eingehende Kindesunterhalt lassen sich durch eine sogenannte P-Konto-Bescheinigung vor der Pfändung schützen.
Es gibt noch eine dritte Konstellation, die zu berücksichtigen ist: Ein Schuldner zahlt seinem Kind oder anderen Personen Unterhalt. Gleichzeitig pfändet ein Gläubiger beispielsweise das Arbeitseinkommen des Schuldners. In solchen Fällen wirkt sich seine Unterhaltspflicht auf die Pfändungsfreigrenze aus. Diese erhöht sich mit der Anzahl der Personen, denen der Schuldner Unterhalt zahlt. Dem Schuldner muss nicht nur genügend Geld für seinen eigenen Lebensbedarf verbleiben, sondern er muss auch weiterhin selbst Unterhaltspflichten erfüllen können. Eine unverbindliche und kostenfreie Erstberatung unter anderem zum Pfändungsfreibetrag erhalten Sie auf schuldenanalyse-kostenlos.de .
Fall 1) Lohnpfändung wegen offenem Unterhalt: Ablauf
Gerät ein Unterhaltsschuldner mit seinen Unterhaltsleistungen in Verzug, kann der Unterhaltsgläubiger eine Unterhaltspfändung initiieren:
- Hierfür benötigt er zunächst einen sogenannten Unterhaltstitel, also eine Art Vollstreckungstitel über Unterhaltsforderungen. Dies kann ein gerichtlich festgestellter Titel in Form eines Urteils oder eine entsprechende Urkunde des Jugendamts sein.
- Mit diesem Titel beantragt der Unterhaltsberechtigte einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (PfÜB) beim Vollstreckungsgericht. Dieser PfÜB muss dem Arbeitgeber (oder im Falle einer Kontopfändung der Bank des Schuldners) zugestellt werden.
- Dadurch wird der Arbeitgeber zum Drittschuldner und muss das Gehalt - bis auf den Selbstbehalt - fortan an den Unterhaltsberechtigten überweisen. Allerdings wird die Pfändungsfreigrenze beim Unterhalt nicht mithilfe der gesetzlichen Pfändungstabelle ermittelt. Stattdessen setzt das Vollstreckungsgericht den Selbstbehalt individuell fest, wobei es sogar über die Grenzen der Pfändungstabelle hinausgehen kann.
Lohnpfändung wegen Unterhalt: Wie lange besteht diese? Die Unterhaltspfändung dauert so lange, bis die Zahlungsrückstände beglichen sind und der Schuldner wieder in der Lage ist, seinen Unterhaltsverpflichtungen aus eigener Kraft nachzukommen.
Fall 2) Unterhaltspfändung beim Empfänger des Unterhalts
Sind die Eltern eines minderjährigen Kindes geschieden, wird in der Regel ein Elternteil den Kindesunterhalt auf das Konto des anderen Elternteils überweisen. Ist Letzterer verschuldet, darf sein Gläubiger den Kindesunterhalt nicht pfänden, weil das Geld dem Kind zusteht und nicht dem Schuldner (Elternteil).
Hat der Gläubiger eine Kontopfändung bei dem Elternteil veranlasst, auf dessen Konto der Unterhalt eingeht, so sollte dieser umgehend handeln. Denn die Bank berücksichtigt unpfändbare Geldeingänge wie Kindergeld und -unterhalt nicht automatisch.
Die Pfändung vom Kindesunterhalt lässt sich wie folgt vermeiden:
- Ein Elternteil richtet ein Konto auf den Namen des Kindes ein. Der Unterhalt wird nur auf dieses Konto eingezahlt.
- Der Schuldner, auf dessen Konto der Unterhalt für das Kind eingeht, wandelt sein Konto in ein P-Konto um. Anschließend legt er der Bank eine P-Konto-Bescheinigung über diesen geschützten Unterhaltsbetrag vor.
Die Frage, wie Sie Unterhaltszahlungen vor der Pfändung schützen, können Sie sich auch bei einer unverbindlichen, kostenlosen Erstberatung auf Online-Schuldenanalyse beantworten lassen.
Hat die Unterhaltspfändung Vorrang vor anderen Pfändungen?
Eine Unterhaltspfändung ist nicht unbedingt vorrangig gegenüber anderen Pfändungen. Sie lässt sich im Vergleich zu anderen Pfändungen lediglich leichter durchsetzen:
Liegt das Einkommen bei einer regulären Pfändung unterhalb der gesetzlichen Pfändungsfreigrenze, erhält der Gläubiger kein Geld. Diese Pfändungsgrenze gilt beim Unterhalt jedoch nicht, stattdessen setzt das Gericht den Selbstbehalt fest. Dies erleichtert es einem Unterhaltsgläubiger, an sein Geld zu gelangen.
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Über den Autor
Dr. Philipp Hammerich promovierte nach seinem Jurastudium bei Prof. Dr. Hoffmann-Riem (damaliger Richter am BVerfG). Sein Referendariat absolvierte er am OLG Hamburg. Seit 2007 ist er zugelassener Rechtsanwalt in Deutschland. Seine thematischen Schwerpunkte liegen u. a. in den Bereichen Privatinsolvenz und Pfändung.
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